In Europa erlangten diese frommen
Gesellschaften zuerst eine merkwürdige Bedeutung auf der entlegensten
Weltinsel, in Irland. Sehr früh mußte das Mönchstum aus Ägypten dorthin
gedrungen sein. In dem keltischen Volk von feurigem Sinn und leicht
erregter Phantasie bildeten sich auf den Gebieten kleiner Landesherren
tätige Genossenschaften von entsagenden Frommen, welche im
Gottesfrieden das Land bauten, Gewerbe trieben und heilige Bücher
kopierten. Uns ist überliefert, daß um das Jahr 600 das Kloster Bancor
an der Grenze von Cornwallis sieben Abteilungen Mönche, jede von
300 Mann unter einem Vorsteher, gehabt habe. Sie lebten nach alter
Regel und erkannten die Autorität des römischen Bischofs nicht an.
Einst war die Mehrzahl von ihnen bei einem Kampf mit dem halb
heidnischen, halb katholischen Angelsachsen in geschlossener Schar
ausgezogen, um während der Schlacht gegen die Fremden zu beten. Der
König Edilfried sah sie auf einem Hügel stehen und rief: »Wenn sie
gegen uns zu ihrem Gott schreien, so schaden sie uns durch ihre Bitten,
sie sind auch ohne Waffen unsere Feinde.« Und er ließ 1200 derselben
niederhauen, nur fünfzig retteten sich durch die Flucht. Aus Bancor zog
um 590 Columban nach dem Süden, den weltlich gesinnten Franken die
Lehre der Entsagung zu verkünden, und wie er Haufen seiner Landsleute.
Vom sechsten bis zwölften Jahrhundert bewahrten die irischen Mönche
einen Wandertrieb wie sonst nur Germanen, sie pilgerten durch das ganze
Abendland, gründeten überall Einsiedeleien und kleine
Mönchsgenossenschaften und setzten sich fast in allen Klöstern fest.
Es waren Männer von altertümlicher
Strenge und Einfalt, oft heftige und gewaltsame Naturen; sie lehrten in
den Klöstern Frankreichs und Deutschlands, was sie von heimischer
Kunst mitbrachten. Denn sie waren eifrige Musiker, zumal auf der Harfe,
und große Künstler im Schreiben und Bilderzeichnen, die seltsamen
Formen ihrer Arabesken und Initialen in erhaltenen Manuskripten
verraten noch die alte Verbindung mit den Eremiten des Orients. Sie
waren auch praktische Leute als Ackerbauer und Baumeister und
verstanden viele geheime Künste des Fischfanges, welche die
süddeutschen Mönche von ihnen lernten und noch Jahrhunderte später mit
besonderer Freude anwandten. Selten reisten sie anders als truppweise.
Sie führten lange Stöcke, lederne Quersäcke und Flaschen, trugen
wallende Haare und waren häufig nach nordkeltischer Sitte an einzelnen
Teilen des Leibes, zumal an den Augenlidern tätowiert. Als sie
ihre Wanderfahrten begannen, waren sie noch nicht römisch-katholisch,
aber sie wurden in den Germanenklöstern des Kontinents als geehrte
Gäste freundlich empfangen, in der Folge, selbst als sie die
Benediktinerregel angenommen hatten, nicht immer gut behandelt. Ihre
Bedeutung für die Kultur des Mittelalters ist nicht gering
anzuschlagen, denn fast überall fachten sie die ersten Funken
christlicher Bildung in den Klöstern an. Aber in Wesen und Bräuchen
blieb ihnen etwas Fremdländisches. Von ihnen stammen die Schottenmönche,
welche in den Kreuzzügen noch einmal Bedeutung gewannen.