25. 09. 2014.

Denkblätter aus Jerusalem - Tätowiren



1856, By: Tobler, Titus.
Eine merkwürdige Ziererei der Haut bei frauen und noch mehr bei Männern ist die bleibende Färbung und Zeichnung der Haut durch Tätowiren. Namentlich Pilger wollen ein solches unauslöschliches Andenken nach Hause bringen. Doch machen die Griechen eine Ausnahme, indem sie es, laut der Schrift, für Sünde halten. Die Pilgerzeichen trägt man gewöhnlich am Forderarme, manchmal wohl auch auf der Brust. In Jerusalem geben sich mit dem Tätowiren fünfzehn Männer, so Lateiner als Armenier, ab. Die Operazion heißt bei den Arabern Dak 1 (Berggren (1,329) schreibt Dass und Lane (1,´56) duck´ck.) und wurde zu meiner Zeit in einem Hause zwischen der neuen Taferne und dem großen armenischen Kloster verrichtet. Zum Tätowiren bedarf man eines Models, eines Farbstoffes und eines Stechinstrumentes. Der Model ist von Holz wie bei unsern Druckern, aber doppelt, d.h., zu Ersparung von Holz erscheinen auf beiden Seiten zwei verschiedene Model. Es gibt überhaupt eine kleine Auswahl von Bildern oder Zeichen, die man auf die Haut überträgt. Ein Bild z.B. stellte Johannes den Evangelisten mit Feder und Buch dar. Der Farbstoff, in einem bleirenen, kegelförmigen gefäße aufbewahrt, und etwas dicker, als Tinte, so wie von Farbe blau, besteht aus einer Mischung von Schießpulver, Indigo und Essig. Der Araber nennt das Gemische Che.ber oder heber (Tinte). Dieses Pigemnt wird auf den Model gestrichen, dieser auf die Haut gedruckt, und so erhält man den Abdruck. Nun streicht der Operator Farbe in die Nähe der zeichnung, ergreift mi der linken, Haut anspannend, den zu operirenden Theil, und mit der Rechten operirt er, in der er eine feine, lange, mit einer Art Handgriff versehene Doppelnadel hält, um diese, in die Farbe getupft, 1.. tief den gedruckten Linien nach einzustechen 2. (Breitenbach 165) (wenn ich mich recht erinnere, heißt dieses Stechen bei den Arabern Stobtim.) Solches geschieht mit vieler Gewandheit. Sehr selten fließt ein wenig Blut nach. Allerdings verursacht die Operation einige, doch keine bedeutende Schmerzen. Der Arm zeigte bei einem Manne eine Gänsehaut. Am meisten Schmerzen erregt es, wenn, nach Vollendung der Stiche, die Farbe kräftig eingerieben wird. Die Operazion nimmt für einen Arm allein einen halben Tag weg, und kostet dann 10 Piaster. ich sah einen Arm einen Tag nach dem Dak (Tätowiren); die Entzündung oder Reizung war höchst geringe, und ich hörte sonst nichts von nachteiligen Folgen. Die Tätowirten Kunste erscheinen dunkelblau. Die Muselmanen tätowiren sich ebenfalls. Bei Frauen z.B. wird ein Fleck des Gesichts auf jeder Seite tätowirt, und, die Wahrheit gestanden, dies würde sich ohne weitere Zugabe nicht einmal übel ausnehmen. Dann sißt ein solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbrauen, oder zur Seite des Kinns die Figur :: oder mitten auf dem Kinne :: , oder zu Seite der Mundwinkel .:. und dergleichen. Bei den Wilden, Indianern und bei andern Völkern findet man den nämlichen Gebrauch, der seit den ältesten Zeiten mit der Religion in Verbindung steht (Bolnen 2. 232)
So weit das Tätowiren, von dem ich Zeuge war; wir wollen nun aber auch das Zeugniß Anderer vernehmen. Die Jerusalemer=Pilger schenkten, meines Wissens, erst im fünfzehnten Jahrhunderte dem Tätowiren mehr Aufmerksamkeit; nämlich die "Jacobini" (Jakobiten) trugen gemeiniglich an ihren Armen Kreuze, die mit einem Eisen angedruckt waren (Breitenbach 165) Mehr erfährt man aus dem J. 1586: Etliche Pilger ließen auch in Bethlehem oder Rama (das bei Rahels Grab) das Jerusalemer=Kreuz auf dem Arm oder einen andern Theil des Leibes drucken mit einem aschgraauen Pülverlein, daß jenes nimmermehr ausging; andere jedoch ließen es bleiben, in der Meinung, daß Unglück über Jemand kommen könnte, wenn an ihm solch´ ein Zeichen bemerkt würde (Znallard 205, Schwallart 303). Das Rama liegt bei 2 Meilen vom Grabe Rachels, alla costa di vna Montagna.) Genauere Nachrichten aber gab man erst im siebenzehnten Jahrhunderte. Damals befaßten sich in bethlehem mit dem Tätowiren lateinische Turdschmane 1. Sie hatten über sechszig verschiedene, in Holz ausgeschnittene Foremn oder Model, wie Mariens Versündigung, die Terebinthe, das kreuz, die Tragung deselben durch Christus, die ganze Leidensgeschichte, den Schmerzenweg, das Jerusalemer=Ritterwappen 2. Als Farbstoff diente eine Mischung von Ochsengalle, fein gestoßenen Kohlen und Lampenruß 3. Das Instrument bestand aus zwei feinen, mit einem Faden zusammengebundenen Nadeln, von denen ein ansehnlicher Theil hervorging, und die oben einen hölzernen Handgriff hatten 4. Die Operazionsweise blieb im Wesentlichen immer dieselbe. Mann stach mit großer Geschwindigkeit und Gewandtheit 5, nach den Linien des Abbruches, in die stark gespannte Haut, und wenn dies überall geschehen, wischte man die Stelle mit einem Schwamme, der in Wein getaucht war, ab, um nachzusehen, ob nichts übergangen wurde 6; manchmal kam man bis dreimal auf die Punktirungsstellen zurück 7. Die Stiche gingen ziemlich tief, doch selten so, daß Blut hervorquoll 1, und der Schmerz war nicht unbedeutend 2. wenn auch nicht gerade auf der Brust 3. Nach der Punktirung mit der Nadel spannte man die Haut neuerdings sehr stark an, um die Nadelstiche mehr zu öffnen, damit der Farbstoff, den man in einem bleiernen Gefäße bei sich trug, und kräftig einrieb, besser eindringe, und die Zeichnung deutlicher erscheine 4. Darauf ward die punktirte Stelle mit einer leinenen Binde auf ganze acht Tage verbunden 5, aber man ließ den Farbstoff nur vierundzwanzig Stunden lang liegen 6. Nach Abnahme des Verbandes wurde der operirte Theil das erste Mal mit Wein sauber abgewaschen, und so am andern und dritten Tage 7. Die Folgen des operativen Eingriffs wurden nicht immer gleich geschildert. Man behauptete, daß der Arm oder ein anderer Theil von der ochsengalle sich entzündete 8, namentlich sehr geschwollen wurde 9. Es entstand wohl auch Fieber, zumal wenn man die ganze Brust tätowiren ließ 1. Die Folgen wurden sogar als zuweilen gefährlich bezeichnet, und man erlebte wirklich einen Fall, wo ein Pilger den Arm einbüßte, weil man beim Tätowiren die "Ellbogenflechte" durchstochen hatte 2.. Einige Vorsicht, wenn auch nicht allezeit genugsame, wendeten die leute, welche sich mit dem Punktiren beschäftigten, an. Sie nahmen nämlich nur einzelne Partien in  Angriff, von je zwölf zu zwölf Tagen 3. Die geringfügigte Folge der Operation erzeigte sich in der Abschälung der Oberhaut, nicht bloß ein=, sondern wohl auch zwei= oder dreimal 4, ohne Zweifel, wenn sich ein Wunderernsipel hinzugesellte. Man stimmte seit der Bekanntmachung des Tätowirens mit einander überein, daß die Zeichen lebenslänglich blieben. Zuerst war die Bezahlung nicht firirt, und hing vom guten Willen ab 5. Man bezahlte gewöhnlich eine Zechine von Gold; Einige gaben selbst zwei aber noch mehr 6.