1856, By: Tobler, Titus.
Eine merkwürdige Ziererei der Haut bei frauen und noch mehr bei Männern
ist die bleibende Färbung und Zeichnung der Haut durch Tätowiren. Namentlich
Pilger wollen ein solches unauslöschliches Andenken nach Hause bringen. Doch
machen die Griechen eine Ausnahme, indem sie es, laut der Schrift, für Sünde
halten. Die Pilgerzeichen trägt man gewöhnlich am Forderarme, manchmal wohl
auch auf der Brust. In Jerusalem geben sich mit dem Tätowiren fünfzehn Männer,
so Lateiner als Armenier, ab. Die Operazion heißt bei den Arabern Dak 1
(Berggren (1,329) schreibt Dass und Lane (1,´56) duck´ck.) und wurde zu meiner
Zeit in einem Hause zwischen der neuen Taferne und dem großen armenischen
Kloster verrichtet. Zum Tätowiren bedarf man eines Models, eines Farbstoffes
und eines Stechinstrumentes. Der Model ist von Holz wie bei unsern Druckern,
aber doppelt, d.h., zu Ersparung von Holz erscheinen auf beiden Seiten zwei
verschiedene Model. Es gibt überhaupt eine kleine Auswahl von Bildern oder
Zeichen, die man auf die Haut überträgt. Ein Bild z.B. stellte Johannes den
Evangelisten mit Feder und Buch dar. Der Farbstoff, in einem bleirenen,
kegelförmigen gefäße aufbewahrt, und etwas dicker, als Tinte, so wie von Farbe
blau, besteht aus einer Mischung von Schießpulver, Indigo und Essig. Der Araber
nennt das Gemische Che.ber oder heber (Tinte). Dieses Pigemnt wird auf den
Model gestrichen, dieser auf die Haut gedruckt, und so erhält man den Abdruck.
Nun streicht der Operator Farbe in die Nähe der zeichnung, ergreift mi der
linken, Haut anspannend, den zu operirenden Theil, und mit der Rechten operirt
er, in der er eine feine, lange, mit einer Art Handgriff versehene Doppelnadel
hält, um diese, in die Farbe getupft, 1.. tief den gedruckten Linien nach
einzustechen 2. (Breitenbach 165) (wenn ich mich recht erinnere, heißt dieses
Stechen bei den Arabern Stobtim.) Solches geschieht mit vieler Gewandheit. Sehr
selten fließt ein wenig Blut nach. Allerdings verursacht die Operation einige,
doch keine bedeutende Schmerzen. Der Arm zeigte bei einem Manne eine Gänsehaut.
Am meisten Schmerzen erregt es, wenn, nach Vollendung der Stiche, die Farbe
kräftig eingerieben wird. Die Operazion nimmt für einen Arm allein einen halben
Tag weg, und kostet dann 10 Piaster. ich sah einen Arm einen Tag nach dem Dak
(Tätowiren); die Entzündung oder Reizung war höchst geringe, und ich hörte
sonst nichts von nachteiligen Folgen. Die Tätowirten Kunste erscheinen
dunkelblau. Die Muselmanen tätowiren sich ebenfalls. Bei Frauen z.B. wird ein
Fleck des Gesichts auf jeder Seite tätowirt, und, die Wahrheit gestanden, dies
würde sich ohne weitere Zugabe nicht einmal übel ausnehmen. Dann sißt ein
solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbrauen, oder zur Seite des Kinns
die Figur :: oder mitten auf dem Kinne :: , oder zu Seite der Mundwinkel .:.
und dergleichen. Bei den Wilden, Indianern und bei andern Völkern findet man
den nämlichen Gebrauch, der seit den ältesten Zeiten mit der Religion in
Verbindung steht (Bolnen 2. 232)
So weit das Tätowiren, von dem ich Zeuge war; wir wollen nun aber auch
das Zeugniß Anderer vernehmen. Die Jerusalemer=Pilger schenkten, meines
Wissens, erst im fünfzehnten Jahrhunderte dem Tätowiren mehr Aufmerksamkeit;
nämlich die "Jacobini" (Jakobiten) trugen gemeiniglich an ihren Armen
Kreuze, die mit einem Eisen angedruckt waren (Breitenbach 165) Mehr erfährt man
aus dem J. 1586: Etliche Pilger ließen auch in Bethlehem oder Rama (das bei
Rahels Grab) das Jerusalemer=Kreuz auf dem Arm oder einen andern Theil des
Leibes drucken mit einem aschgraauen Pülverlein, daß jenes nimmermehr ausging;
andere jedoch ließen es bleiben, in der Meinung, daß Unglück über Jemand kommen
könnte, wenn an ihm solch´ ein Zeichen bemerkt würde (Znallard 205, Schwallart
303). Das Rama liegt bei 2 Meilen vom Grabe Rachels, alla costa di vna
Montagna.) Genauere Nachrichten aber gab man erst im siebenzehnten
Jahrhunderte. Damals befaßten sich in bethlehem mit dem Tätowiren lateinische
Turdschmane 1. Sie hatten über sechszig verschiedene, in Holz ausgeschnittene
Foremn oder Model, wie Mariens Versündigung, die Terebinthe, das kreuz, die
Tragung deselben durch Christus, die ganze Leidensgeschichte, den Schmerzenweg,
das Jerusalemer=Ritterwappen 2. Als Farbstoff diente eine Mischung von
Ochsengalle, fein gestoßenen Kohlen und Lampenruß 3. Das Instrument bestand aus
zwei feinen, mit einem Faden zusammengebundenen Nadeln, von denen ein
ansehnlicher Theil hervorging, und die oben einen hölzernen Handgriff hatten 4.
Die Operazionsweise blieb im Wesentlichen immer dieselbe. Mann stach mit großer
Geschwindigkeit und Gewandtheit 5, nach den Linien des Abbruches, in die stark
gespannte Haut, und wenn dies überall geschehen, wischte man die Stelle mit
einem Schwamme, der in Wein getaucht war, ab, um nachzusehen, ob nichts
übergangen wurde 6; manchmal kam man bis dreimal auf die Punktirungsstellen
zurück 7. Die Stiche gingen ziemlich tief, doch selten so, daß Blut hervorquoll
1, und der Schmerz war nicht unbedeutend 2. wenn auch nicht gerade auf der
Brust 3. Nach der Punktirung mit der Nadel spannte man die Haut neuerdings sehr
stark an, um die Nadelstiche mehr zu öffnen, damit der Farbstoff, den man in
einem bleiernen Gefäße bei sich trug, und kräftig einrieb, besser eindringe,
und die Zeichnung deutlicher erscheine 4. Darauf ward die punktirte Stelle mit
einer leinenen Binde auf ganze acht Tage verbunden 5, aber man ließ den
Farbstoff nur vierundzwanzig Stunden lang liegen 6. Nach Abnahme des Verbandes
wurde der operirte Theil das erste Mal mit Wein sauber abgewaschen, und so am
andern und dritten Tage 7. Die Folgen des operativen Eingriffs wurden nicht
immer gleich geschildert. Man behauptete, daß der Arm oder ein anderer Theil
von der ochsengalle sich entzündete 8, namentlich sehr geschwollen wurde 9. Es
entstand wohl auch Fieber, zumal wenn man die ganze Brust tätowiren ließ 1. Die
Folgen wurden sogar als zuweilen gefährlich bezeichnet, und man erlebte
wirklich einen Fall, wo ein Pilger den Arm einbüßte, weil man beim Tätowiren
die "Ellbogenflechte" durchstochen hatte 2.. Einige Vorsicht, wenn auch
nicht allezeit genugsame, wendeten die leute, welche sich mit dem Punktiren
beschäftigten, an. Sie nahmen nämlich nur einzelne Partien in Angriff, von je zwölf zu zwölf Tagen 3. Die
geringfügigte Folge der Operation erzeigte sich in der Abschälung der Oberhaut,
nicht bloß ein=, sondern wohl auch zwei= oder dreimal 4, ohne Zweifel, wenn
sich ein Wunderernsipel hinzugesellte. Man stimmte seit der Bekanntmachung des
Tätowirens mit einander überein, daß die Zeichen lebenslänglich blieben. Zuerst
war die Bezahlung nicht firirt, und hing vom guten Willen ab 5. Man bezahlte
gewöhnlich eine Zechine von Gold; Einige gaben selbst zwei aber noch mehr 6.