Weiln
es hier die Gelegenheit giebt, von Bethlehem und deren Inwohnern zu
reden, als will auch etwas melden von denen Turcelmannen, deren 8. oder
9. unter den Catholischen gefunden werden, welche denen dahin kommenden,
was vor Conditionen sie immermehr sehn mögen, nach dererselben
Belieben, doch nicht ohne Trinckgeld, ein Zeichen auff die Armen, oder
wo es einer zu haben verlanget, zu stechen pflegen, welches auff
folgende Weise geschicht: Sie nehmen Ochsen =Galle, kleingestossene
Kohlen, und den fetten auffgehenden Rauch von den Lampen, das mischen
sie unter einander, und machen eine ziemlich dick fliessende Dinte
daraus, welche sie in einem kleinen glesernen Geschirr bei sich tragen.
So haben sie auch über die 60. unterschiedliche in Holtz gestochene
Formen und Modellen, das Hierosolymitanische Ritter=Wappen, die
Kreutztragung des Herrn, das heilige Kreutz, die gantze Passion, item
(lat.item = ebenso), das Zeichen von Nazareth, Maria Verkündigung, den
schmertzlichen Weg, den Baum Terebinth und viel andere dergleichen
Zeichen und Formen mehr. So nun ein Reisender da, der ein dergleichen
Zeichen auff seinen Armen zu haben verlanget, kan er ihm mas, und wie
viel deren ihme belieben, auslesen. Der Turcellmann nimmt das auf Holz
gestochene Modell, bestreichts erstlich mit dem Kohlzärklein, und
druckets auff den Ort, wo es einer haben will, da scheinet es, als wäre
es mit einer Reitz=Kohlen abgerissen. Nach diesem hat er zwei mit
Baumwollen zusammen=gebundene subtile Nähnadeln, also, das nur die
Spitzen, noch ein ziemliches Theil, hervor gehen, und ist ein kleiner
Hafft daran von zartem Holtz, auff daß er die Nadeln besser halten und
regieren möge. Wann nun alle diese Praeparatorien geschehen, ergreifet
er Arm mit einer Hand, und ziehet die Haut wohl ziemlich starck und grob
an, und fänget an nach dem Lineamenten des auffgedruckten Modells zu
stechen. Wann er dann nun gantz herum ist, wischt er den Ort mit einem
Schwamm, den er in Wein eingetuncket hat, fein sauber ab, zu sehen ob
etwas daran verfehlet, dasselbe vollends auszubessern. Hernacher spannet
er den Arm sehr strenge an, die mit Nadeln gestochene Löcher mehr zu
öffnen, und zu erweitern, alsdenn nimmt er das Dicke von der
zugerichteten Dinten, und überschmieret den gantzen Flecken von neuen,
in die Breite und in die Länge, so weit das Modell erstrecket hat,
verbindet es endlich mit einer Leinwant=Binden, und muß also gantzer 8.
Tage verbunden verbleiben. Endlich wirds mit Wein das erste mahl fein
sauber abgewaschen, und so den andern und dritten Tag. Die Haut fänget
sich an von dem Ort abzuscheelen, nicht ein = sondern wohl zwei = oder
dreimahl, und bleibet letzlich die Zeichen an seinem Leibe, so lange
einer lebet, und solte gleich einer ihme auch so gar die Haut abziehen,
wird das eingestochene und gleichsam eingeätzte Mahl dennoch auff dem
Fleische gesehen werden. Was dann aber vor ein Schmertz sei, solches
auszustehen, wird der am besten zu sagen wissen, der es erfahren. Der
Arm, oder das Glied, darauff mann sich zeichnen lässet, entzündet sich
gantz und gar von der Ochsen=Galle, welches eine scharffe und beissende
Materi an sich selbst ist, derent wegen verursachets bei vielen, die
nicht starcker Complexion sein, auch so gar ein hitziges Fieber. So kann
auch einer innerhalb 12. Tagen nicht mehr als ein Stück machen lassen :
nicht, daß so viel Arbeit an demselbigen zu machen wäre, tintemahl in
drei oder vier Stunden eines verrichtet, aber nur bloß und allein des
Schmertzens und grosser Geschwulst halber, biß daß sich dieselbige
wiederum setzet und vergehet. Diese Zeichen dienen sonderlich, besser
und sicherer fort zu kommen, denn wo es sonst hier und dar etwas schwer
halten will, so sie dieses Zeichen sehen, glauben sie gar bald, daß man
nur die heiligen Oerter zu besuchen kommen sehn. Denn sonst einer leicht
bei den Türcken vor einen Kundschafter kan angesehen, angehalten, und
wo der geringste Argwohn darzu kommet, hart bestraffet werden.
Register: Zeichen auff die Armen zu
pfetzen, eine sonderliche Art und Gebrauch zu Bethlehem, 389. haben
grosser Schmertz auszustehen, 390. Dienet um besser fort zu kommen, 391.
Reg.
TROILO, FRANZ FERDINAND VON.
Orientalische Reise-Beschreibung/ Wie er Zu dreyen unterschiedenen
mahlen nach Jerusalem/ von dannen in Egypten auff den Berg Sinai/ und
ferner nach Constantinopel sich begeben/ auff der letzten Rück-Reise
aber von See-Räubern gefangen/ nach Algier in die Barbarey gebracht/
zwey mahl verkaufft/ und durch Gottes wunderbare Schickung zu Ende des
1669. Jahres wiederumb erlöset worden. Worbey aller derer Länder Art/
und heilige Örter außführlich beschrieben/ deren Inwohner erstes
Herkommen/ Religionen/ Gebräuche und Sitten/ und was denckwürdiges mit
grosser Leib- und Lebens-Gefahr angemercket werden mögen/ nunmehr auff
Begehren dem günstigen Leser außführlich Nach vier Jahren Von dem
Authore selbst abgetheilet/ vor Augen gestellet wird. Dresden/ Gedruckt
und zu finden bey Melchior Bergens/ Churfl. S. Hoff-Buchdr. sel.
nachgelassenen Wittibe und Erben/ 1676.http://digital.slub-dresden.de/fileadmin/data/35168736X/35168736X_tif/jpegs/35168736X.pdf