24. 09. 2014.

Zeichen auff die Armen zu pfetzen, eine sonderliche Art und Gebrauch zu Bethlehem

Weiln es hier die Gelegenheit giebt, von Bethlehem und deren Inwohnern zu reden, als will auch etwas melden von denen Turcelmannen, deren 8. oder 9. unter den Catholischen gefunden werden, welche denen dahin kommenden, was vor Conditionen sie immermehr sehn mögen, nach dererselben Belieben, doch nicht ohne Trinckgeld, ein Zeichen auff die Armen, oder wo es einer zu haben verlanget, zu stechen pflegen, welches auff folgende Weise geschicht: Sie nehmen Ochsen =Galle, kleingestossene Kohlen, und den fetten auffgehenden Rauch von den Lampen, das mischen sie unter einander, und machen eine ziemlich dick fliessende Dinte daraus, welche sie in einem kleinen glesernen Geschirr bei sich tragen. So haben sie auch über die 60. unterschiedliche in Holtz gestochene Formen und Modellen, das Hierosolymitanische Ritter=Wappen, die Kreutztragung des Herrn, das heilige Kreutz, die gantze Passion, item (lat.item = ebenso), das Zeichen von Nazareth, Maria Verkündigung, den schmertzlichen Weg, den Baum Terebinth und viel andere dergleichen Zeichen und Formen mehr. So nun ein Reisender da, der ein dergleichen Zeichen auff seinen Armen zu haben verlanget, kan er ihm mas, und wie viel deren ihme belieben, auslesen. Der Turcellmann nimmt das auf Holz gestochene Modell, bestreichts erstlich mit dem Kohlzärklein, und druckets auff den Ort, wo es einer haben will, da scheinet es, als wäre es mit einer Reitz=Kohlen abgerissen. Nach diesem hat er zwei mit Baumwollen zusammen=gebundene subtile Nähnadeln, also, das nur die Spitzen, noch ein ziemliches Theil, hervor gehen, und ist ein kleiner Hafft daran von zartem Holtz, auff daß er die Nadeln besser halten und regieren möge. Wann nun alle diese Praeparatorien geschehen, ergreifet er Arm mit einer Hand, und ziehet die Haut wohl ziemlich starck und grob an, und fänget an nach dem Lineamenten des auffgedruckten Modells zu stechen. Wann er dann nun gantz herum ist, wischt er den Ort mit einem Schwamm, den er in Wein eingetuncket hat, fein sauber ab, zu sehen ob etwas daran verfehlet, dasselbe vollends auszubessern. Hernacher spannet er den Arm sehr strenge an, die mit Nadeln gestochene Löcher mehr zu öffnen, und zu erweitern, alsdenn nimmt er das Dicke von der zugerichteten Dinten, und überschmieret den gantzen Flecken von neuen, in die Breite und in die Länge, so weit das Modell erstrecket hat, verbindet es endlich mit einer Leinwant=Binden, und muß also gantzer 8. Tage verbunden verbleiben. Endlich wirds mit Wein das erste mahl fein sauber abgewaschen, und so den andern und dritten Tag. Die Haut fänget sich an von dem Ort abzuscheelen, nicht ein = sondern wohl zwei = oder dreimahl, und bleibet letzlich die Zeichen an seinem Leibe, so lange einer lebet, und solte gleich einer ihme auch so gar die Haut abziehen, wird das eingestochene und gleichsam eingeätzte Mahl dennoch auff dem Fleische gesehen werden. Was dann aber vor ein Schmertz sei, solches auszustehen, wird der am besten zu sagen wissen, der es erfahren. Der Arm, oder das Glied, darauff mann sich zeichnen lässet, entzündet sich gantz und gar von der Ochsen=Galle, welches eine scharffe und beissende Materi an sich selbst ist, derent wegen verursachets bei vielen, die nicht starcker Complexion sein, auch so gar ein hitziges Fieber. So kann auch einer innerhalb 12. Tagen nicht mehr als ein Stück machen lassen : nicht, daß so viel Arbeit an demselbigen zu machen wäre, tintemahl in drei oder vier Stunden eines verrichtet, aber nur bloß und allein des Schmertzens und grosser Geschwulst halber, biß daß sich dieselbige wiederum setzet und vergehet. Diese Zeichen dienen sonderlich, besser und sicherer fort zu kommen, denn wo es sonst hier und dar etwas schwer halten will, so sie dieses Zeichen sehen, glauben sie gar bald, daß man nur die heiligen Oerter zu besuchen kommen sehn. Denn sonst einer leicht bei den Türcken vor einen Kundschafter kan angesehen, angehalten, und wo der geringste Argwohn darzu kommet, hart bestraffet werden.

Register: Zeichen auff die Armen zu pfetzen, eine sonderliche Art und Gebrauch zu Bethlehem, 389. haben grosser Schmertz auszustehen, 390. Dienet um besser fort zu kommen, 391. Reg.

TROILO, FRANZ FERDINAND VON. Orientalische Reise-Beschreibung/ Wie er Zu dreyen unterschiedenen mahlen nach Jerusalem/ von dannen in Egypten auff den Berg Sinai/ und ferner nach Constantinopel sich begeben/ auff der letzten Rück-Reise aber von See-Räubern gefangen/ nach Algier in die Barbarey gebracht/ zwey mahl verkaufft/ und durch Gottes wunderbare Schickung zu Ende des 1669. Jahres wiederumb erlöset worden. Worbey aller derer Länder Art/ und heilige Örter außführlich beschrieben/ deren Inwohner erstes Herkommen/ Religionen/ Gebräuche und Sitten/ und was denckwürdiges mit grosser Leib- und Lebens-Gefahr angemercket werden mögen/ nunmehr auff Begehren dem günstigen Leser außführlich Nach vier Jahren Von dem Authore selbst abgetheilet/ vor Augen gestellet wird. Dresden/ Gedruckt und zu finden bey Melchior Bergens/ Churfl. S. Hoff-Buchdr. sel. nachgelassenen Wittibe und Erben/ 1676.

 http://digital.slub-dresden.de/fileadmin/data/35168736X/35168736X_tif/jpegs/35168736X.pdf